Mit Hilfe einer historischen Fälschung soll dem ältesten aktiven Kloster (Mar Gabriel) im Südosten der Türkei der Garaus gemacht werden. Obwohl Mar Gabriel bereits 387 nach Christus gebaut wurde, verlangen zahlreiche türkische Bürger die Rückgabe des Klostergeländes mit der Begründung, dass vor dem Klosterbau dort eine Moschee gestanden habe. Diese türkischen Kläger brauchen dringend Nachhilfeunterricht in Geschichte! Bekanntlich liegen zwischen Klostergründung und dem ersten Auftreten Mohammeds ca. 250 Jahre. – Die organisierte Prozeßflut heizt eine Einschüchterungskampagne gegen die rund 70 Klosterbewohner an. Der Bischof, aber auch die Nonnen, werden von der Dorfbevölkerung massiv bedroht. Sie kommen aus Furcht nicht mehr zu den Gerichtsverhandlungen. Insofern ist nicht vorherzusehen, wie diese Verfahren enden werden.
Die Aramäer befinden sich im Gegensatz zu Griechen und Armeniern zudem in der mißlichen Lage, dass sie nicht als religiöse Minderheit anerkannt sind und somit nicht auf Minderheitenrechte pochen können. Und wer in der Türkei nicht als Minderheit anerkannt ist, darf keinen Nachwuchs ausbilden und weder seinen Glauben noch seine Sprache an die nächste Generation weitergeben. Somit verstoßen die Lehrer im Kloster gegen türkisches Recht, weil dort – zumindest in bescheidenem Umfang – der christliche Glaube und Aramäisch (die Sprache Jesu Christi) gelehrt werden. Das öffnet der Willkür Tür und Tor, und der Staat kann das Kloster schließen. Diese Unsicherheit ist für die Klosterbewohner, ebenso für den Rest der aramäischen Bevölkerung, eine schwere Belastung: die Erinnerung an die 90er jahre ist noch lebendig, als immer wieder aramäische Dorfvorsteher, Ärzte und Anwälte von religiösen Fanatikern ermordet wurden. – Und die Türkei will doch in die EU! (Quelle: IGFM/Jahreshauptversammlung 2009)
Heinz Josef Ernst