Die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) berichtet heute über das „Verschwinden“ eines Pastors der Assyrischen-Evangelischen Kirche von Kermanshah (West Iran). Es handelt sich um Wilson Issavi; die Festnahme erfolgte am 2. Februar 2010 in Isfahan. Die Behörden verweigern jeden Kontakt zu ihm sowie Angaben zu seinem Haftort oder den Gründen für seine Verhaftung. Martin Lessenthin, Vorstandssprecher der IGFM, forderte die sofortige Freilassung des Geistlichen und wies darauf hin, dass der Iran völkerrechtlich bindende Abkommen ratifiziert hat, die Religionsfreiheit und rechtliche Mindeststandards festschreiben.
Pastor Issavi wurde in Isfahan festgenommen, wo er einen langjährigen Freund besuchte. Beamte des iranischen Geheimdienstes drangen am 2. Februar in die Wohnung ein und verhafteten den Pastor sowie den Gastgeber, dessen Ehefrau und eine weitere Besucherin. Außerdem nahmen sie ohne Angabe von Gründen und ohne Quittung viel vom persönlichen Eigentum des Ehepaares mit. Einen Haft- oder Durchsuchungsbefehl legten sie nicht vor. Bis heute hat Issavis Familie keine Auskunft erhalten, wo, warum oder wie lange der Pastor festgehalten wird, berichtet die IGFM weiter.
Die Behörden hatten die Sanierung des stark renovierungsbedürftigen historischen Kirchengebäudes in Kermanshah verboten. Bereits einem Monat vor seiner Verhaftung, am 2. Januar 2010, waren Beamte in Zivil in Issavis Wohnung eingedrungen, hatten die Kirche geschlossen, versiegelt und angeordnet, dass sie nicht wiedereröffnet werden dürfe. Es handelte sich bis dahin um die einzige noch geöffnete Kirche in der Region.
Religiöse Minderheiten werden drangsaliert. Von den rund 70 Millionen Einwohnern des Iran gehören heute noch ca. 100-250.000 den traditionellen christlichen Minderheiten an. Davon sind schätzungsweise 10.000 bis 20.000 Personen Assyrer. Die Zahl ehemaliger Muslime, die vom Islam zu Christentum übergetreten sind und einzeln oder in Untergrundgemeinden im Iran leben, ist unbekannt, wird aber ebenfalls auf mehrere Tausend geschätzt.
Seit der islamischen Revolution im Jahr 1979 bis heute werden zum Christentum übergetretene ehemalige Muslime ohne Angabe von Gründen verhaftet, ohne Kontakt zur Außenwelt in Haft gehalten, misshandelt und gefoltert. Viele Apostaten wurden und werden von Angehörigen staatlicher Organisationen, wie den Basij und den „Wächtern der Islamischen Revolution“ (Pasdaran), eingeschüchtert, angegriffen und misshandelt, mehrere gelten nach Verhaftung als „verschwunden“, so die IGFM.
Religionslosigkeit und fast alle Religionen sind de facto verboten. In der Islamischen Republik Iran werden neben dem Islam nur Christen, Juden und Zoroastrier als Religionsgemeinschaften offiziell anerkannt, wenn auch mit stark eingeschränkten Rechten in verschiedenen Rechtsbereichen. Dazu gehört eine Reihe von Einschränkungen bei der Religionsausübung. So wurden in den vergangenen Jahren mehrere Kirchen geschlossen oder in der Ausübung der Gottesdienste stark eingeschränkt.
Alle anderen Religionen, auch die übrigen Weltreligionen, sowie Religionslosigkeit sind de facto verboten. Vom Islam abgefallene Muslime werden von den iranischen Behörden verfolgt. Besonders betroffen davon ist die mit rund 150-300.000 Mitgliedern größte nichtmuslimische Minderheit des Iran, die Baha’i, die praktisch rechtlos sind. Selbst die islamische Minderheit der Sunniten darf in Teheran keine Moschee eröffnen.
Noch zwei Hinweise:
Vertreter verfolgter religiöser Minderheiten im Iran, darunter der Baha’i, der Sufis (Derwische), der Sunniten sowie evangelische und orthodoxe Christen sind als Gäste des Forums IRAN bei der diesjährigen Jahreshauptversammlung der IGFM am 27./28. März 2010 in Bonn anwesend.
Im Rahmen des Vortrags am 04.03.2010 in Villingen (Schwarzwald) mit dem Titel: „Christenverfolgung im Nahen und Mittleren Osten – Gefährlicher Religionswechsel„, kommt auch die Situation im Iran zur Sprache.
Heinz Josef Ernst